Maria und Elisabeth
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Stand: 19. Mai 2024
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Nr.
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Überschrift | online | |
2024 |
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3.1 | Jetzt kommt Maria in das Dorf | NEU | 19.05. |
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07.05. |
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28.04. |
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Ankunft im Haus des Zacharias
Beitrag 3.1
Jetzt kommt Maria in das Dorf.
Frauen unter den Türen – es ist gegen Abend – bemerken die Ankunft der Fremden und machen sich gegenseitig darauf aufmerksam.
Sie folgen ihr mit den Blicken und haben keine Ruhe, bis sie sehen, daß sie vor einem der schönsten Häuser mitten in der Ortschaft anhält. Vor dem Haus befindet sich ein Garten. Dahinter und ringsum sind gut gepflegte Obstbäume. Weiter hinten liegt eine weite Wiese, die, der Gebirgsformation folgend, steigt und fällt; sie endet schließlich an einem Wald mit hohen Bäumen, die den wei-teren Blick versperren. Der ganze Bereich ist eingezäunt von Maulbeerbäumen und wilden Rosensträuchern.
Vor dem Haus, also auf der dem Dorf zugewandten Seite, ist der Platz mit ei-nem weißen Gemäuer umgeben, auf dem sich echte Rosenstöcke befinden, zwar ohne Blüten, aber voller Knospen. In der Mitte ein geschlossenes Eisen-gitter.
Maria steigt vom Esel und nähert sich dem Gitter. Sie schaut durch die Eisen-stangen, sieht aber niemanden. So sucht sie, sich bemerkbar zu machen. Ein Frauchen, neugieriger als alle übrigen, ist ihr gefolgt und weist sie hin auf ei-nen eigenartigen Gegenstand, der als Glocke dient.
Maria zieht an der Kordel, aber so sanft, daß niemand auf das zarte Klingeln aufmerksam wird. Da kommt die kleine Alte mit ihrer großen Nase, dem vor-stehenden Kinn und dazwischen einem Mundwerk für zehn, greift nach der Kordel und zieht und zieht.
»So muß man ziehen! Wie wollen Sie sich sonst bemerkbar machen? Wissen Sie, Elisabet ist alt, ebenso Zacharias. Dazu ist er auch noch stumm und taub. Auch die beiden Diener sind alt; das müssen Sie wissen. Sind Sie niemals hier
gewesen? Kennen Sie Zacharias? Sind Sie . . . «
Vor einem Redeschwall und einer Flut von Fragen wird Maria durch einen her-beihinkenden Alten gerettet, der wohl Gärtner oder Bauer ist, denn er hält ein Rebenmesser in der Hand und trägt an der Seite eine Hippe. Er öffnet, und Maria tritt ein, dankt dem Frauchen, aber, oh weh, sie beantwortet die Frage nicht.
Kaum eingetreten, sagt Maria: »Ich bin Maria, die Tochter des Joachim und der Anna aus Nazareth, eine Nichte eurer Herren.«
Der Alte verneigt sich, grüßt und ruft alsdann: »Sara! Sara!« Dann öffnet er das Gitter, um das Eselchen hereinzulassen, das draußen geblieben war; denn Maria war, um sich von der aufdringlichen Frau zu befreien, schnell eingetre-ten, und der Gärtner hatte ebenso schnell das Gitter vor der Nase der Alten geschlossen. Und während er den Esel hereinführt, sagt er: »Ah! Ein großes Glück und ein großes Unglück sind über dieses Haus gekommen. Der Him-mel hat der Unfruchtbaren einen Sohn geschenkt, und der Allerhöchste sei da-für gebenedeit! Aber Zacharias ist vor sieben Monaten ungefähr stumm von Jerusalem zurückgekehrt. Er macht sich verständlich durch Zeichen oder schriftlich. Habt ihr das vielleicht schon gewußt? Meine Herrin hat sich so sehr nach dir gesehnt in dieser Freude und in dieser Mühsal. Immer wieder hat sie mit Sara von euch gesprochen und gesagt: „Hätte ich doch meine kleine Maria bei mir! Wäre sie doch noch im Tempel! Ich hätte Zacharias geschickt, um sie holen zu lassen. Aber nun hat der Herr gewollt, daß sie die Braut Josefs von Nazareth werde. Sie allein könnte mir in dieser Mühsal Trost sein und mir hel-fen, zu Gott zu beten; denn sie ist so gut.
Und im Tempel wird sie vermißt.
Als ich am vergangenen Festtag mit Zacharias nach Jerusalem ging, um Gott dafür zu danken, daß er mir einen Sohn gegeben hat, hörte ich ihre Lehrerin sagen: ‚Der Tempel scheint die Kerubim der Herrlichkeit Gottes verloren zu haben, seit die Stimme Marias nicht mehr in seinen Mauern erklingt‘.“
Sara! Sara! Meine Frau ist etwas schwerhörig. Aber komm, komm, ich werde dich führen.«
Sie blickt nach unten, indem sie die Hand zum Schutz gegen die Sonne vor die Augen hält. Da erkennt sie Maria, hebt ihre Arme mit einem freudigen und er-staunten Ausruf zum Himmel und eilt, so gut sie kann, Maria entgegen. Auch Maria, die sonst in ihren Bewegungen immer ruhig ist, läuft nun schnell wie ein junges Reh und erreicht den Treppenabsatz gleichzeitig mit Elisabet.
FORTSETZUNG FOLGT
Beitrag 2
Wir sind in Jerusalem.
Das Ehepaar begibt sich zuerst zum Tempel.
Auch jetzt läßt er die beiden Tiere dort, nachdem er sie hat grasen lassen; dann geht er mit Maria, um den Herrn anzubeten.
Dort stärken sie sich.
Maria ruht sich aus, bis Josef mit einem alten Mann kommt.
»Dieser Mann nimmt denselben Weg wie du. Nur wenig hast du dann noch allein zurückzulegen, um zu deiner Base zu kommen. Du kannst dich ihm an-vertrauen; ich kenne ihn.«
Sie steigen wieder auf die Esel, und Josef begleitet Maria bis zum Tor (nicht zu demselben, durch das sie gekommen sind, sondern zu einem anderen). Dort verabschieden sie sich, und Maria nimmt ihren Weg zusammen mit dem Alten auf, der ebenso gesprächig ist, wie Josef schweigsam; er interessiert sich für tausend Dinge. Maria antwortet ihm geduldig.
Jetzt hat sie die kleine Truhe, die der Esel von Josef getragen hatte, vorn auf dem Sattel. Sie trägt nicht mehr den großen Mantel und auch nicht den Schal, der jetzt gefaltet auf der Truhe liegt.
Der Alte ist wohl etwas schwerhörig; denn um sich verständlich zu machen, muß Maria recht laut sprechen; sie, die nicht laut zu sprechen gewohnt ist. Aber nun ist er müde geworden. Er hat das ganze Register seiner Fragen und Neuigkeiten erschöpft und schlummert, auf dem Sattel sitzend, während er sich von seinem Esel führen läßt, der die Straße gut kennt. Maria benützt die-se Pause, um sich in ihren Gedanken zu sammeln und um zu beten.
Ihr Gesicht ist Licht und Seligkeit, Ausdruck ihres seelischen Zustandes.
Beitrag 1
Josef ist mit zwei Eselchen gekommen, um Maria abzuholen: eines ist für ihn, eines für Maria.
Sie füllt die Truhe mit Dingen, die sie bereits in ein Bündel verpackt hatte. Sie schließen die Haustür und machen sich auf den Weg.
Nazaret liegt noch im Schlummer. Die beiden morgendlichen Reisenden be-gegnen nur einem Hirten, der seine Schäflein vor sich hertreibt. Sie drücken und drängen einander, vielen blökenden Keilen gleich. Die Lämmchen blöken am aller meisten mit ihren scharfen, feinen Stimmen; sie möchten selbst im Laufen noch das mütterliche Euter erfassen. Aber die Mutterschafe eilen zum Weideplatz und laden sie mit stärkerem Blöken zum Weitertraben ein.
Maria betrachtet sie und lächelt, und da sie angehalten haben, um die Herde vorüberziehen zu lassen, neigt sie sich vom Sattel herunter und streichelt die sanften Tierlein, die im Vorübergehen den Esel streifen.
Als der Hirt mit einem Lämmlein auf dem Arme daherkommt, das eben gebo-ren wurde, und grüßt, lächelt Maria, streichelt das rosige Mäulchen des ver-zweifelt blökenden Lämmleins und sagt: »Suche deine Mama! Da ist sie; die verläßt dich nicht, Kleines!« Und sieh da, das Mutterschaf drängt sich an den Hirten heran, hebt sich auf die Hinterfüße und leckt das Mäulchen des Neuge-borenen.
Josef und Maria nehmen ihren Weg wieder auf. Josef ist mit einem großen Mantel bekleidet, Maria eingehüllt in eine Art gestreiften Schal, denn der Mor-gen ist sehr frisch. Sie befinden sich auf freiem Feld und reiten nebeneinander. Sie sprechen selten. Josef denkt an seine Arbeit, und Maria folgt den Gedan-ken, in die sie versunken ist, und lächelt dabei. Sie lächelt auch, wenn sie aus ihrer Sammlung heraustretend den Blick über die Umgebung schweifen läßt. Bisweilen schaut sie auf Josef; ein Hauch von wehmütigem Ernst verschlei-ert dann ihr Gesicht. Ihr Lächeln kehrt wieder zurück, wenn sie ihren fürsorg-lichen Bräutigam betrachtet, der wenig spricht und nur, um Maria zu fragen, ob sie bequem sitze und nichts benötige.
Jetzt werden die Straßen belebter, besonders in der Nähe von Dörfern oder innerhalb derselben. Sie reiten auf ihren trippelnden Eseln mit ihren lauten Schellen und halten nur einmal unter dem Schatten eines Buschwerks an, um etwas Brot und Oliven zu essen und an einer Quelle zu trinken, die in einer kleinen Grotte sprudelt; ein anderes Mal, um sich vor einem starken Regenguß zu schützen, der ganz unerwartet aus einer dunklen Wolke hernieder pras-selt. Sie haben sich unter einen Felsvorsprung begeben, der sie vor der Nässe schützt.
Josef will unbedingt, daß Maria sich den dicken, wasserundurchlässigen Man-tel umhängt, auf dem das Wasser herabgleitet. Maria muß seinem sorgendem Drängen nachgeben, und um sie davon zu überzeugen, daß er selbst auch geschützt ist, legt er sich die graue Decke des Esels über Kopf und Schultern.
Der Platzregen läßt nach, geht aber in einen lästigen feinen Regen über. Die beiden nehmen den Weg wieder auf, der nun ganz schlammig geworden ist. Aber es ist Frühling, und bald scheint erneut die Sonne und macht die Reise wieder angenehmer. Die beiden Eselchen trippeln nun fröhlicher auf ihrem Weg dahin.
Copyright © 2022 by Andrea, geringstes „Rädchen“ im „U(h)rwerk“ Gottes
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