Die Geburt unseres Erlösers
Jesus Christus
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Stand: 25. Dezember 2023
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Die Geburt Jesu, unseres Herrn
Das Feuerchen schlummert zusammen mit seinem Wächter. Maria hebt leise ihr Haupt vom Lager und schaut sich um. Sie sieht Josef, der mit dem bis auf die Brust gesunkenen Haupt dasitzt, als ob er nachdenke. Sie erkennt, daß die Müdigkeit stärker war als sein guter Wille, und lächelt gütig. Nun setzt sie sich auf, darum bemüht, so wenig Geräusche als möglich zu verursachen - selbst ein Falter könnte sich nicht lautloser auf einer Rose niederlassen - und geht dann von der sitzenden Stellung in die kniende über, um mit einem glücklichen Lächeln auf dem Antlitz zu beten.
Dann beugt sie sich ganz tief nach vorne, bis sie mit ihrem Gesicht das Heu berührt, und verharrt so in einem innigen, sehr langen Gebet.
Josef schüttelt sich. Er sieht, daß das Feuer fast erstorben und der Stall fast dunkel ist. Er wirft eine Handvoll feinen Heidekrauts hinein, und die Flamme flackert wieder auf; nun legt er größere Zweige hinzu, dann noch größere, denn es beginnt, empfindlich kalt zu werden. Die Kälte dieser heiteren Winter-nacht dringt von allen Seiten in die Ruine ein.
Er hält die Hände an die Flamme, löst die Sandalen und streckt auch die Füße zum Feuer hin. So erwärmt er sich. Sobald das Feuer gut brennt und sein Licht verbreitet, dreht er sich um. Aber er sieht nichts; nicht einmal den hellen Schlei-er von Maria, der sich erst wie ein heller Streifen vom dunklen Heu abhob. Er richtet sich auf und nähert sich der Lagerstätte.
»Schläfst du, Maria?« fragt er. Dreimal muß er fragen, bis sie sich bewegt und antwortet: »Ich bete.« »Benötigst du nichts?« »Nein, Josef.« »Versuche etwas zu schlafen; wenigstens etwas auszuruhen!« »Ich werde es versuchen. Aber beten ermüdet mich nicht.« »Gott sei mit dir, Maria!« »Und auch mit dir, Josef!«
Maria nimmt wieder ihre frühere Stellung ein. Josef wirft sich neben dem Feuer auf die Knie, um nicht wieder dem Schlaf zu verfallen, und betet. Er betet mit den Händen vor dem Gesicht. Bisweilen entfernt er sie, um das Feuer zu schü-ren; dann kehrt er wieder zu seinem inständigen Gebet zurück.
Ein feiner Mondstrahl dringt durch einen Spalt in der Decke und scheint wie eine körperlose, silberne Klinge Maria zu suchen. Sie wird mit dem Höherstei-gen des Mondes immer größer, so daß sie schließlich das Haupt der Betenden erreicht und es mit einem strahlenden Glanz umgibt.
Ihr Haupt scheint im weißen Licht des Mondes zu strahlen, und ein übernatürli-ches Lächeln verklärt sie.
Ihr dunkelblaues Gewand erscheint jetzt im milden Himmelsblau des Vergiß-meinnichts. Die Hände und das Gesicht werden bläulich, wie unter dem Licht eines riesigen, bleichglühenden Saphirs.
Immer mehr breitet sie sich aus über die Gegenstände und Kleider und läutert sie und gibt ihnen ihren Glanz. Immer mehr strömt dieses Licht vom Körper Marias aus.
Sie, die dieses Licht der Welt geben soll. Es ist das beseligende, unbezwing-bare, unermeßliche, ewige, göttliche Licht, das jetzt gegeben wird und das sich ankündet durch eine Morgendämmerung, einen Morgenstern, einen Chor von Lichtatomen,
Die Decke voller Risse, Spinngewebe, hervorspringender Trümmer, die in der Schwebe hängen wie ein statisches Wunder, rauchgeschwärzt und abstoßend, erscheint nun wie das Gewölbe eines königlichen Saals.
Und der Boden? Was ist aus dem Boden geworden?
Das Licht wird stärker und stärk er.
In ihm verschwindet, wie von einem weißglühenden Lichtschleier verhüllt, die Jungfrau und kommt aus ihm hervor als die Mutter.
Ein Kindlein, rosig und mollig, das sich bewegt und mit seinen Händchen – groß wie Rosenknospen – herumfuchtelt und mit seinen Füßlein zappelt, die im Herzen einer Rose Platz hätten. Es wimmert mit einem zitternden Stimm-lein, gerade wie ein eben geborenes Lämmlein, und zeigt beim Öffnen des Mündleins, das klein wie eine Walderdbeere ist, ein gegen den Gaumen zit-terndes Zünglein.
Ein Kindlein, das sein Köpfchen bewegt, das die Mutter in ihrer hohlen Hand
hält, während sie ihr Kindlein betrachtet und anbetet, weinend und freudig zu-gleich. Sie neigt sich, um es zu küssen, nicht auf das unschuldige Haupt, son-dern tiefer, mitten auf die Brust, dort, wo das Herzchen schlägt - ja, für uns schlägt - dort, wo eines Tages die Wunde sein wird.
Der vom Lichtglanz geweckte Ochse erhebt sich mit großem Lärm der Hufe und einem lauten Muhen. Der Esel wendet seinen Kopf und schreit sein "Iah".
Auch Josef, der wie verzückt innig betet, so daß er all dem entzogen schien, was ihn umgab, kommt nun zu sich und sieht durch die vor das Gesicht gehal-tenen Finger das eigenartige Licht durchscheinen, hebt den Kopf und dreht sich um.
Aber sie ruft: »Josef, komm!« Josef eilt hin, aber, als er sieht, was geschehen ist, hält er von Ehrfurcht überwältigt inne und will auf die Knie fallen. Aber Maria wiederholt: »Komm, Josef!« und stützt sich mit der Linken auf das Heu, wäh-rend sie mit der Rechten das Kind an ihr Herz drückt; sie erhebt sich und geht Josef entgegen, der sich verlegen nähert, hin- und hergerissen zwischen dem Verlangen hinzugehen und der Furcht, unehrerbietig zu sein.
»Komm, wir wollen Jesus dem Vater aufopfern!« sagt Maria. Und während Josef niederkniet, hält Maria, die aufrecht zwischen den beiden das Gewölbe tragenden Pfosten steht, ihr Kind in die Höhe und spricht: »Hier bin ich. Für ihn, o Gott, sage ich dir diese Worte:
Dann neigt sich Maria und sagt: »Nimm, Josef!« und bietet ihm das Kind an.
»Ich? Mir? O nein! Ich bin nicht würdig!« Josef ist verwirrt, vernichtet bei dem Gedanken, Gott zu berühren.
Maria aber besteht lächelnd auf ihrem Wort: »Du bist dessen wohl würdig. Niemand mehr als du, und deswegen hat der Allerhöchste dich erwählt. Nimm, Josef, und halte es, während ich die Windeln hole!«
Josef, rot wie Purpur, streckt die Hände aus, nimmt das Bündelchen Fleisch, das vor Kälte schreit, und nachdem er es einmal in den Armen hat, verharrt er nicht weiter in seiner Absicht, es aus Ehrfurcht weit von sich zu halten; er drückt es an sein Herz und sagt unter reichlichen Tränen:
Und er beugt sich, um die Beinchen zu küssen. Er fühlt ihre Kälte und setzt sich daher zu Boden, nimmt das Kind in seinen Schoß und sucht es mit sei-nem braunen Gewand und seinen Händen zu bedecken, zu erwärmen und zu schützen vor der bitteren Kälte der Nacht. Er möchte zum Feuer gehen, aber da ist die Zugluft, die durch die Tür eindringt. Lieber hier bleiben. Besser noch ist es, zwischen die beiden Tiere zu gehen, die einen Schild bilden gegen die Zugluft und Wärme ausstrahlen. So begibt er sich zwischen Ochs und Esel und stellt sich mit dem Rücken gegen die Türöffnung, über den Neugeborenen gebeugt, um aus seiner Brust eine Muschel zu machen, deren Seitenwände ein grauer Kopf mit langen Ohren und ein großes weißes Maul mit dampfen-den Nüstern und feuchten, gutmütigen Augen sind.
Maria hat die Truhe geöffnet und ihr Tücher und Windeln entnommen. Sie ist ans Feuer gegangen und hat sie er wärmt. Nun kommt sie zu Josef und wick-elt das Kind in die gewärmte Leinwand und dann in ihren Schleier, um sein Köpfchen gegen die Kälte zu schützen.
»Wo legen wir es jetzt hin?« fragt sie. Josef schaut umher und denkt nach. »Warte!« sagt er. »Treiben wir die beiden Tiere samt ihrem Heu hinüber, und nehmen wir das Heu von oben herunter, und legen wir es da hinein! Das Holz der Krippenwand wird es vor der Zugluft schützen; das Heu kann ihm als Kis-sen dienen; und der Ochse wird es mit seinem Atem etwas erwärmen - besser der Ochse, er ist geduldiger und ruhiger.« Josef macht sich an die Arbeit, wäh-rend Maria ihr Kindlein in den Schlaf wiegt, indem sie es fest an ihr Herz drückt und ihre Wange an sein Köpfchen hält, um ihm Wärme zu spenden.
Josef schürt das Feuer; ohne zu sparen legt er auf, um eine schöne Flamme zu haben; er erwärmt das Heu und legt es unter seinen Mantel, damit es nicht wieder erkalte, und als er soviel beisammen hat, daß er ein Maträtzchen für das Kindlein daraus bilden kann, geht er zur Krippe und legt es wie in einer Wiege zurecht. »Fertig«, sagt er. »Jetzt brauchen wir noch eine Decke, denn das Heu sticht, und auch, um es zuzudecken.« »Nimm meinen Mantel«, sagt Maria. »Du wirst kalt haben!« »Oh! Das macht nichts! Die Decke ist zu rauh. Der Mantel ist warm und weich. Ich fühle durchaus keine Kälte. Nur daß Er nicht mehr darunter leide!«
Josef nimmt den weiten Mantel aus dunkelblauer, weicher Wolle, legt ihn dop-pelt genommen über das Heu und läßt einen Zipfel über die Krippe herunter-hängen. Das erste Bettlein für den Erlöser ist bereit.
Die Mutter bringt ihn mit ihrem anmutigen, wiegenden Schritt herbei, legt ihn nieder, bedeckt ihn mit den Zipfeln des Mantels und hüllt auch das nackte Köpfchen ein. Nur das Gesichtchen bleibt unbedeckt.
Copyright © 2022 by Andrea, geringstes „Rädchen“ im „U(h)rwerk“ Gottes
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